Historie_EvKirchenchor

175 Jahre Evangelischer Kirchenchor Göcklingen

Personalmangel gefährdet den Fortbestand


Gesungen wurde in den Gotteshäusern schon vor 175 Jahren. In den katholischen Kirchen meist lateinisch und in den protestantischen Kirchen deutsch. Großen Anteil an dieser Entwicklung hatte die Reformation und die neuen Lieder mit deutschem Text wie z.B. Luthers "Ein feste Burg ist unser Gott". Chöre gab es nur vereinzelt in großen Städten wie Leipzig, Dresden oder Regensburg. Auf dem Land war mehrstimmiges Singen ein Fremdwort.


Nach den Wirren der französischen Revolution und der Einführung der allgemeinen Volksschulpflicht nach 1820 begannen die nunmehr Lehrer genannten früheren "Schulmeister" ihre segensreiche Arbeit. Im Bayerischen Rheinkreis, wie die Pfalz ab 1816 hieß, wurden in neu eingerichteten "Lehrerseminaren" die Lehrer ausgebildet. Die katholischen im Speyerer Lehrerseminar, dessen erster Leiter der Göcklinger Konrad Reither, der später Bischof wurde, war. Die protestantischen Lehrer wurden in Kaiserslautern ausgebildet. Neu an der Ausbildung war unter anderem, dass jeder Lehrer ein Musikinstrument, meist Geige, Klavier, Gitarre oder Orgel spielen musste. Damit konnte man in den Volksschulen auch mehrstimmige Lieder einüben. Nachdem die ersten Schüler aus der Volksschule entlassen wurden, war besonders bei den Mädchen der Wunsch vorhanden, weiterhin stimmig zu singen.


Dadurch kam es 1842 schließlich zur Gründung des evangelischen Kirchenchors Göcklingen. Die ersten Hinweise darauf sind in den Pfarrbeschreibungen von Pfarrer Petri aus den Jahren 1889 "Den höheren Kirchendienst als Cantor und Organist hat der jeweilige Lehrer, gegenwärtig Herr Karl Dörr, unentgeltlich zu verrichten" und aus dem Jahr 1891, zu finden. Dort steht geschrieben: "Peter Nuß, bis Oktober 1842 prot. Schullehrer in Göcklingen, Kantor und Organist" Die Angabe "Kantor" (lat. Sänger) deutet mit Sicherheit auf das Bestehen eines Kirchenchores hin. Somit ist der evangelische Kirchenchor einer der ältesten, wenn nicht gar der älteste Verein innerhalb der Gemeinde Göcklingen.


1893 kam Oberlehrer Wilhelm Hilsinger nach Göcklingen. Er leitete den ev. Kirchenchor, war maßgeblich am Kauf der Orgel beteiligt und dirigierte auch den Männerchor bis 1908. Danach kam Lehrer Friedrich Jülch, der ebenfalls den Männerchor und den Kirchenchor dirigierte. Im Jahr 1924 kam Ludwig Hoffmann als Lehrer nach Göcklingen, übernahm den Organistendienst und die Chorleitung. Hoffmann blieb bis 1934 in Göcklingen, kehrte aber zwischen 1946 und 1949 nochmals nach Göcklingen zurück. Mit Lehrer Heinrich Zwicky, der 1934 bis 1940 in Göcklingen unterrichtete, erlahmte die Aktivität des Chores, nachdem er 1939 aus parteipolitischen Gründen aus der Kirche ausgetreten war.


Elfriede Mattern geb. Petermann versammelte als 16-Jährige im Jahr 1939 eine Gruppe Jugendlicher um sich, die als "Singkreis" in der Kirchengemeinde verankert war und zu Gottesdiensten zweistimmige Lieder sang. Insofern hat sie sich um die Kirchenmusik in Göcklingen bleibende Verdienste erworben.


Nach dem Krieg, 1949 kam Lehrer Eugen Danner nach Göcklingen, 1953 Karl-Theodor Bethke und 1956 Kurt Sohn. Ihm verdankt der Kirchenchor viele Konzerte mit kleiner Orchesterbegleitung, die oft über das bisherige Niveau hinaus gingen. Lehrer Sohn verließ die Gemeinde 1962, nachdem er den Chor zu einer weiteren Blütezeit geführt hatte.


1963 übernahm Hermann Frech den Organisten-und Chorleiterdienst mit über 30 Sängerinnen und Sängern. Durch die Zusammenarbeit mit den Chören aus Ingenheim und Gleiszellen-Gleishorbach konnte das bisherige Niveau gehalten und teilweise noch gesteigert werden. So nahm der Chor regelmäßig an den Dekanatsmusiktagen, an Gustav-Adolf-Festen und sogar am Kirchenmusiktag in Speyer teil.


Nach 35-jähriger Tätigkeit gab Hermann Frech 1998 die Chorleitung in jüngere Hände.


Magdalena Wust, eine Pfarrerstochter aus Ilbesheim übernahm bis 2001 den Chor. Anschließend dirigierte Eveline Wagner aus Neustadt bis 2006 die Sängerschar. Seit dieser Zeit bis heute ist Frau Doris Wissing Chorleiterin.


Im Jubiläumsjahr 2017/18 hat der ev. Kirchenchor nur noch 15 Aktive. Es steht zu befürchten, dass der Chor allein auf sich gestellt, seinen Zweck auf Dauer nicht mehr erfüllen kann.


Die Zukunft scheint aber nicht hoffnungslos. Vielleicht schließen sich Chorreste bei anstehenden Strukturänderungen in den Pfarreien zu einem Gemeindechor zusammen. Außerdem planen die noch aktiven Mitglieder eine Werbeaktion, um junge Sängerinnen und Sänger für die gute Sache zu gewinnen, damit der Chor auch weiterhin bestehen kann und seine Stimme zur Verherrlichung und zur Ehre Gottes erklingt.


Hermann Frech, dem an dieser Stelle ein Wort des Dankes gebührt, schreibt in seinem Schlusswort: "Unser Chor hat im Verlauf seiner 175-jährigen Geschichte schon viele schwere Zeiten überlebt. Ich bin sicher, Gott verlässt uns nicht! Größer als der Helfer ist die Not ja nicht. So lasst uns getrost in die Zukunft gehen"!*


pkl

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