Erinnerungen an die Weinlese früherer Zeit
Mit dem Herbst ist heute nicht die Jahreszeit gemeint, die erst am 23. September beginnt, sondern die Weinlese, die in der pfälzischen Weinbauregion auch als "Hochzeit des Jahres" bezeichnet wurde. Es gab früher schon Wetter bedingte Ausreißer nach oben und nach unten. In der Regel begann aber die Weinlese um 2 bis 3 Wochen später als heute. Zeitweise wurde der Lesebeginn behördlich festgesetzt. Ab Ende August waren die Weinberge und die Zufahrtswege, außer an 2
"Wingertstagen", an denen Arbeiten verrichtet werden durften, selbst für die Eigentümer und natürlich für Touristen, von denen es damals noch wenige gab, gesperrt. Von der Gemeinde eingestellte Hilfsschütze waren für die Einhaltung der Ordnung verantwortlich. Wehe es wurde jemand erwischt! Am ersten Tag der Lese zogen Karawanen von 10 Personen aufwärts nach dem Krieg erst mit Viehgespann, später mit dem Traktor in die Weinberge, um die Trauben mit Messer oder Schere per Hand zu pflücken. Dass alle herunter gefallenen Traubenbeeren vom Boden aufgelesen wurden, sorgte der Hausherr. Die eigenen Kinder der Weinbergsbesitzer waren ab einem bestimmten Alter immer dabei, Kinder von Nichtbegüterten halfen ab den Oberklassen ebenfalls mit, um sich ein wenig Taschengeld zu verdienen. Bei " Wind und Wetter" manchmal sogar Regen, Nebel und Frost ging es Wochen lang täglich zum Trauben ernten, wobei die Kleidung einschließlich Schuhe stark in Mitleidenschaft gezogen wurden. Oft blieb finanziell nicht "viel hängen", weil die kaputte Kleidung nach dem Herbst ersetzt werden musste. Für die nahezu kostenlose Hilfe waren nach dem Krieg vermutlich die von den Winzern gestellten Mahlzeiten Ausschlag gebend, die mittags im Weinberg und abends zu Hause eingenommen wurden. Mengen mäßig waren sie mehr als ausreichend. (Kartoffeln, Brot, Butter, Käse) und sonstige Lebensmittel aus heimischem Anbau. Tierisches Eiweiß nahm man durch Hausschlachtungen, (meist Schweinefleisch Leberwurst, Blutwurst, Schwartenmagen und ein Ring Fleischwurst musste dabei sein) zu sich, das eher begrenzt war. Es soll mal eine Winzerin auf die Frage nach Fleisch geantwortet haben: "E ' Sau hat nicht nur Schinken!" Die Lese zog sich mehrere Wochen manchmal bis zum November hin, so dass sie manchmal für die Helfer/Innen zur "Tortour" wurde.
Mit den heutigen Traubenvollerntemaschinen ernten 2 Personen mehr als das 10-fache der Menge in der gleichen Zeit, als damals 15 Personen. Der letzte Annahmetermin für handelsübliche Sorten ist bei der WG Deutsches Weintor auf den 2. Oktober festgelegt. Mit 75 ° Öchsle bis 80° Öchsle bei der Sorte Müller-Thurgau wird eine gute Ernte erwartet.
Aus Qualitätsgründen werden heute höchstens noch 1 % der Trauben von Hand gelesen. Früher gab es jedoch am Ende der Weinlese ein richtiges ERNTE - DANK - FEST. Mit Musik und Gesang zog man heimwärts und feierte abends einen zünftigen Abschluss. All das Brauchtum ist heute in Vergessenheit geraten. In ganz seltenen Fällen wird als Gaudi heute noch eine Restparzelle von Hand gelesen und in der Natur bei weiß gedecktem Tisch gegessen. Eine schöne Erinnerungsgeste, die man auch künftig bewahren sollte. Auch wenn die Technik vom Reben schneiden bis zur Ernte eine wesentliche Erleichterung für die Winzer gebracht hat und die Qualität durch die Erderwärmung immer besser d.h. der Wein immer lieblicher wird, eine zweite Ernte innerhalb einer Vegetationsperiode wird es nicht geben.
Unser Bild zeigt einen Abladevorgang bei der Winzergenossenschaft Deutsches Weintor.